Die Geschichte zum
Steiger 11/55 PS
Der
Steiger 11/55 PS Tourenwagen mit Wechselkarosserie wurde im November 1925 hergestellt. Die Fabrik in Burgrieden wurde wenige Wochen später, im Januar 1926,
ganz geschlossen. Der Wagen hat die Fahrgestellnummer 1660, der Motor weist
selbige Nummer auf. Die Nummern des
Getriebes und verschiedener anderer Komponenten sind teilweise anders.
Der Wagen verfügt über ein langes Fahrgestell mit einem Radstand von 3250 mm. Die Basisversion verfügte über einen Radstand von 3000 mm. Die Sportwagen über 2750 mm.
Das Auto wurde von der Ulmer Karosseriefabrik Neuer &
Thieme perfektioniert. Hans Neuer hatte den Karosseriebau für den Steiger auf
ein sehr hohes Niveau gebracht. Das Auto verfügt über vier verschließbare Türen.
Drei der Türen sind mit Fächern ausgestattet, welche mittels einer Abdeckung
geschützt sind.
Der Fahrer- und Beifahrersitz sind mit üppig gefederten und gepolsterten Ledersitzen ausgestattet. Das Sitzgefühl erinnert an einen Clubsessel am knisternden Kamin. Der Boden des Frontbereiches ist praktisch mit bequem herausnehmbaren Holzbrettern ausgestattet. Die Bodenbretter sind mit feinem Aluwellblech überzogen. So lässt sich der Bodenbereich effektiv reinigen. Ein kippen der Bretter bewirkt, dass Straßenschmutz an den Schuhen nach unten durch den Wagen auf den Boden fällt.
Im mittleren, vorderen Bereich des Fahrzeugbodens ist ein großer Druckschalter, welcher mittels Fußes betätigt wird. Hier wird zwischen Abblendlicht und Fernlicht umgeschaltet. Das Fernlicht wird, wie heute üblich, mittels einer blauen Kontrollleuchte am Armaturenbrett angezeigt.
Der Armarturenbereich ist funktionell angeordnet. Links neben der Lenksäule ist ein schweizer Uhrwerk, mit 8 Tagen Laufdauer, eingebaut. Schräg über der Uhr ist das wichtigste Instrument: Der Öldruckmesser. Dieser versichert die lebensnotwendige Ölversorgung des Motors. Im mittigen Bereich ist der Zünd- und Zentralschalter von Bosch. Hier laufen alle elektrischen Leitungen des Wagens zusammen. Aus Sicherheitsgründen wurden in den letzten Jahren separate Sicherungen mit angepassten Leistungsabsicherungen verbaut. Die Gefahr eines Kabelbrandes wollte der neue Besitzer vermeiden.
Ursprünglich wurde der Wagen ohne Blinker ausgeliefert. Handzeichen mittels einer Winkerkelle waren üblich. Ein zeitgenössischer Fahrtrichtungsanzeiger welcher einen orange beleuchteten Pfeil beinhaltet, welcher sich um je 90 Grad in die gewünschte Fahrtrichtung dreht, wurde vom Besitzer nachgerüstet. Im linken Bereich des Armaturenbrettes befindet sich ein tiefes Fach für die Ablage von Handschuhen oder sonstigen Gegenständen. Der Fahrer und Beifahrer werden mit einer Windschutzscheibe vom Fahrtwind geschützt. Die Scheibe kann in der oberen Hälfte horizontal nach vorne gekippt werden. Zwei große Flügelschrauben sichern die gewünschte Kippposition. Auf der Fahrerseite ist oben ein Scheibenwischer verbaut. Die Schaltung und Handbremse befindet sich mittig anlehnend an die Sitzbank. Im Fußbereich, an den Seitenwänden im Fahrerbereich befinden sich jeweils Klappen zur Belüftung des Innenraums. Zum Fondbereich hin ist der Innenraum mit einer Mittelwand abgetrennt. In dieser Mittelwand sind zwei komplett integrierte Not- oder Zusatzsitze installiert. Im eingeklappten Zustand sind diese fast nicht zu erkennen. Um die Sitze vor Staub und Schmutz zu schützen, befinden sich je eine Kunstlederschürze an der Mittelwand, welche über die eingeklappten Sitze reicht.
Der Rücksitz im Steiger hat die Qualität eines guten Sofas. Starke Federn, gute Polsterung und ausgewähltes Leder bieten dem Reisenden besten Komfort. Je links und rechts an der Seitenwand sind Aschenbecher mit geschliffenen Kristallglas-Einsätzen verbaut. Wenn das Sommerverdeck verbaut ist, kann dieses die Fahrgäste vor überraschendem Regen schützen. In den Wintermonaten konnte der Steiger mit der Wechselkarosserie ausgestattet werden. Hierzu musste die Windschutzscheibe entfernt werden. So auch das Faltverdeck. In die obere Außenwand des Fondbereich und den Türen sind Passungen für Steckzapfen verbaut. Diese Passungen verfügen über Fixierscheiben welche von innen zu bedienen sind.
Die Wechselkarosserie sollte durch sechs Personen auf den Wagen gesetzt werden. Mittels der Steckzapfen wird die Karosserie fest mit dem Wagen verbunden. Die Windschutzscheibe wird separat verschraubt. Vier Steckscheiben, mit Scharnieraufnahmen werden in die Fahrzeugtüren gesteckt und verschraubt. Die zusätzlichen Scharniere sorgen für reibungsloses Betätigen der Türen.
Die vorderen Steckscheiben verfügen zusätzlich über eine Schiebefunktion der zweigeteilten Scheibe. Die Wechselkarosserie ist innen mit Textil- bzw. Teppichwandbelägen ausgestattet. An den hinteren Seitenwänden, je links und rechts neben den Türen, sind geschliffene, herausnehmbare Glasblumenvasen verbaut. Weiter verfügt die Wechselkarosserie über eine elektrische Innenbeleuchtung. Diese wird über einen Schalter an der linken Seitenwand betätigt. Eine Heckscheibe und zwei Seitenscheiben sorgen für zusätzliches Tageslicht im Fahrgastraum. Mittels lilafarbenen Stoffvorhängen kann die Sicht in den Wagen eingegrenzt werden. Über dem Rücksitz an der Decke der Wechselkarosserie ist ein geflochtenes Gepäcknetz an der Decke montiert. Handschuhe, Schaals und flache Mützen finden hier eine geeignete Unterbringung während der Fahrt. Jacken und Mäntel können an zwei in den Ecken verbauten Kleiderhacken, aufgehängt werden. Ein zusätzlicher Aschenbecher ist für den Fahrer oder Beifahrer im Frontbereich an der Windschutzscheibe verbaut. Ein an der Mittelwand angebrachtes Hinweisschild: „Sie fahren in diesem Wagen auf eigenes Risiko und Gefahr“ wiederholt sich am linken Dachbereich oberhalb der Windschutzscheibe.
An den beiden Trittbrettern links und rechts unterhalb der Türen sind längliche mit Messing eingefasste Schlitze vor jeder Türe eingelassen. An diesen Schuhabstreifern sollen die Fahrgäste Schmutz an den Laufflächen abstreifen können. Im Heckbereich befindet sich ein herausklappbarer Gepäckträger für größere Koffer.
Der Fahrerbereich
Rücksitz mit ausgeklappten Notsitzen links. Rechts der Innenraum mit eingeklappten Notsitzen.
Wer war der wirklich erste Besitzer,
an wen wurde der Steiger 11/55 PS ausgeliefert?
Der "erste" Besitzer
Aus früheren Recherchen ist bekannt, dass der in Wildberg im Schwarzwald lebende Arzt Dr. Johannes Vesenmayer der erste nachweisbare Besitzer des Wagens war. Ob Dr. Vesenmayer wirklich der erste Besitzer des Steigers war lässt sich bislang nicht nachweisen.
Im aktuellen KFZ-Brief ist das Datum der ersten Zulassung mit 23.10.1935 angegeben. So bleiben die ersten 10 Jahre des Wagens in Ungewissheit.
Johannes Vesenmayer wurde am 11. März 1872 in
Treffelshausen auf der schwäbischen Alb geboren. Mit 28 Jahren, im Jahr 1900 kam
er nach Wildberg, wo er bis zu seinem Tod am 24. Juni 1960 als praktischer Arzt tätig war.
Es wurde berichtet, dass Dr. Vesenmayer den Wagen nur im
Sommer fuhr und sehr pflegte. So verfügte er auch über einen kompletten
Ersatzmotor. Über den Verbleib des Motors ist nichts bekannt. Spätere Recherchen
durch den Autor zum Verbleib des Motors waren ohne Ergebnis. Dr. Vesenmayer
hatte den Wagen immer mit der Wechselkarosserie als Limousine gefahren. Neben
dem Steiger besaß Dr. Vesenmayer weitere Fahrzeuge, berichtet sein Neffe
Anton Vesenmaier aus Treffelshausen.
Dr. Johannes Vesemayer war wie erwähnt praktizierender Arzt in Wildberg. Er war aber auch für die umliegenden Gemeinden zuständig. Als Arzt im Ort war er eine Persönlichkeit und zählte zu den Honoratioren.
"
...Zehn Jahre später, inzwischen 78 Jahre alt, war er immer noch eifrig unterwegs. "Gleicher Fall in Holzbronn" Mit diesen Worten versuchte er seine Patienten zu trösten. Seine Dienste um das Wohl der Bürger wurden nochmals mit Fackelzug und öffendtlicher Feier gewürdigt. Ihm war das Ansporn, weiter seinen Dienst zu tun. Und das tat er auch bis zu seinem Tode 1960. Viele Geschichten aus seiner Praxis und seinem Leben machen heute die Runde. Eugen Memminger, ebenfalls Ehrenbürger hat einige Reime verfasst:
So ist er halt, onser alter Dokter:
Scho´ wieder en sei´m Auto hockt er. Dabei ist doch der gueta Ma´ weit über achtzich – denket a´! Nôch Gültlinge will er scho´fahra heut; dort wartet auf ehn e´paar kranke Leut. Wie´s nemme weit bis zur Sägmühle ist, dô kommt e´Weib mit ema Wägele Mist, ond de Backa hebt se fest mit der Hand. Der Dokter hält – eins-zwei - am Strôßarand: „Wo fehlt´s? Wo fehlt´s? – Aha, kranke Zah!“ „Herr Dokter, o jô, i ben übel dra´. Vor Schmerza halt i´s schier nemme aus. Der Lompazah´, der sollt notwendich raus.“ - „Ja, ja,“ sagt der Dokter, was sei´muß, muß sei´. Dô fahr se gschwind in den Nebeweg nei! So recht! Dô halt sie ihr Fuhrwerk a´ ond setzt sie sich aufrecht dô hente nâ´! So, festhalte! Mund auf!“ – Ond eins-zwei-drei - dô war scho´der schlimmste Schmerz vorbei. - Ja, ja, liebe Leut, des ist fei´net gloga; so hôt onser Dokter den Zah´dort zoga.-
Die Bäure, no ganz en Verlegaheit, frôgt jetzt: „Was ist ao mei´Schuldichkeit?“ „Ei was! sagt der Dokter, brav zue de Mund! ´s ist wege der Zugluft , die ist net gsund. Die Hauptsach ist, sie hat jetzt ihr Ruhe. Ade!“- Ond scho´fährt er Gültlinge zue. Er lacht en sich nei´ so recht stillvergnügt; ond e´Rechnong hôt die Bäure bis heut net kriegt. - Des war onser Dokter. – o ja, liebe Leut, wo fi ndet mar so ein´wieder heut? – Der Herrgot selber mueß den Ma´loba; nämlich vom Himmelsfenster dort oba hôt er grad rausguckt ond sieht selber mit a´, wie´s der Dokter gmacht hôt mit sellem Zah´. Schnell hôt er ema Haufa Engela g´wenkt: „Dô, des müßt ihr a´gucke o´bedengt!“
Ond mäuslesstill hän die Engela gschaut, bis eins em Gottvatter sich a´vertraut: „Der Dokter dort dronta, des ist fei´e´Gueter! Gelt, des ist em heilicha Martin sei´Brueder.“ „Ja, ja,“ sagt Gottvatter, „´s ka´net anders sei´. Wenn der emôl tritt an de Himmel rei´, nô kommet no alle zum Musiziera! Spalier dürft ihr bilde und illuminiera!“ -
Des Völkle freut sich auf den kommende Bsuech, ond Gottvatter nemmt sei´groß Himmelsbuech, ond solang er des vom Dokter hôt gschrieba, send ehm Freudaträna em Bart hängeblieba. ´s Kleinst Engele frôgt: „Gottvatter was heulst? Hôst Du vielleicht s´Zah´weh kriegt derweilst?“ Gottvatter mueß lacha: „Bis jetzt gottlob net: Aber wenn i des je emol hätt, Angst tät i deswega keine kriega; den Zah´tät onser Dokter mir ziega. s´Müeßt jô net grad auf e-m-a Mistwaga sei´,“ meint er ond lächelt so en sich nei´. „Ond´s Honorar macht mir ao kei´ Bedenka; i glaub, des tät er ao mir no schenka.“
Aus „Der Zwiebelkuecha“ von Eugen Memminger Quelle: https://www.wildberg.de/fileadmin/Dateien/Dateien/Mitteilungsblatt/2018/Wildberg_KW40_Internet.pdf
Potrait von Dr. Vesenmayer um 1950, Archiv Museum Wildberg
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Photomontage: So könnte der Sanitätswagen von Dr. Vesenmayer während des WK II ausgesehen haben.
Dr. Vesenmayer musste sich im Juni 1960 mit 88 Jahren ins Krankenhaus nach Calw begeben, wo er selber behandelt wurde. Leider verstarb er dort am 24. Juni 1960. Zu diesem Zeitpunkt fuhr der Doktor damals einen Opel Olympia Baujahr 1954, mit diesem war er auch im Krankenhaus.
Nach seinem Tod wurde das Wohnhaus des Doktors von
dessen Verwandschaft geräumt. Hierbei wurde der Steiger zur Opel-Werkstatt und
Esso-Tankstelle von Otto Dengler in Wildberg geschleppt. Dort stand der Wagen
etwa ein halbes Jahr, erinnert sich der ehemalige Mitarbeiter der Werkstatt
Fritz Ochs (Jg. 1950). Ein ortsansässiger Verein wolle den Steiger erwerben und für den
Umzug des bekannten Wildberger Schäferlaufes umbauen. Jedoch war damals Herrn
Dengler bewusst, dass der Steiger ein einzigartiges Auto ist. Herr Ochs
erinnerte sich an die damals defekte Beifahrertüre des Steigers. Wenn der Doktor
von Gütlingen her nach Wildberg fuhr, hielt er in der Kurve immer die
Beifahrertüre fest, denn in der scharfen Kurve öffnete sich diese selbstständig.
Wie der Sohn von Otto Dengler, Ulrich (Jg. 1962) berichtet, wurde der Steiger vom Vater technisch am Leben erhalten. Er erinnert sich auch daran, dass der Großvater eine Welle fürs Getriebe herstellte. Auf dem Foto unten ist Otto Dengler und der neue Besitzer Peter Scherber auf dem Gelände der Werkstatt in Wildberg. Am Fahrzeug waren bereits die neuen Kennzeichen: BB-CD 30, montiert. Vermutlich hatte Otto Dengler den Steiger nochmal fahrbereit gemacht und das Foto entstand bei der Abholung.
Auf dem Bild ist Peter Scherber, der neue Besitzer des Steigers links und Otto Dengler rechts.
Kennzeichen WT - 06- 3282 war am Wagen vermutlich unter dem amtlichen Kennzeichen montiert.
Das Kennzeichen steht für die französische Besatzungszone vor der Einführung der
schwarzen Kennzeichen und liest sich (nach Andreas Herzfeld "Die Geschichte der
deutschen Kfz-Kennzeichen" Deutsche Gesellschaft für Flaggenkunde e.V. 2006
Seite 243) folgendermaßen: WT = Südwürttemberg und Hohenzollern
Diese Kennzeichen waren gültig zwischen Ende 1945 und
Anfang 1949.
Ansicht des Steiger an der Tankstelle.
Der zweite Besitzer - Peter Schiller (1942 - 2013)
Der junge Student Peter Schiller aus Schorndorf
entdeckte dort den Steiger in Wildberg an der Tankstelle von Otto Dengler und war sofort von dem
Steiger
begeistert. Er bewarb sich um den Erwerb des Wagens und zahlte spontan 100
D-Mark als Anzahlung.
Ansichten des Wagens an der Tankstelle. Auf der Motorhaube und den vorderen Türen sind Spuren heller Farbe zu erkennen.
Der dritte Besitzer - Peter Scherber (1928 - 2015)
Peter Scherber aus Böblingen kaufte den Steiger
schließlich an der Tankstelle. In der kleinen Autosammlung des Böblingers hatte
der Steiger einen passenden Platz gefunden. Wie sein Sohn Günther berichtete,
wurde der Wagen überarbeitet. Der Lack war sehr mitgenommen und schließlich
wurde die Flaschengrüne Lackierung abgelaugt. Beim Ablaugen kamen verschiedene
Farbschichten zum Vorschein. Unter anderem ein großes Rotes Kreuz auf den Türen.
Das Rote Kreuz auf den Türen lässt mutmaßen, dass Dr. Vesenmayer den Steiger
während der Kriegszeit als Sanitätswagen deklarierte und so vor der
Beschlagnahme durch die Wehrmacht und den späteren Besatzungsmächten rettete.
Der Steiger wurde in Böblingen mit dem Kennzeichen BB - AM
97 und dem roten Kennzeichen BB - 04201 zugelassen.
Leider ist Peter Scherber im Jahr 2015 verstorben. Sein
Sohn Günther Scherber ist ebenfalls ein Fachmann bei Oldtimern. Er übergab mir
seine originalen Bilder aus dem Familienalbum. Herr Günther Scherber hat mit
diesen Bildern einen großen Beitag zur Geschichte des Steigers geleistet. Er war damals ca. 12 Jahre alt, er erinnert sich an viele Details. So
auch an eine Aussage, dass das Fahrzeug mal als Taxi Dienst tat. Dies würde die
Hinweisschilder an der Mittelwand und über der Windschutzscheibe erklären.
Abschleppen des Steigers nach Böblingen.
Bei einer Oldtrimerrally. Der Wagen ist noch in der originalen Farbe "Flaschengrün". Die erste Modifikation war den Kühler von der Wagenfarbe zu befreien und zu polieren. Im Anschluss wurde die untere Karosserie abgelaugt und neu in Lila bzw. RAL 4012 Perlbrommber lackiert.
Die Karosserie wurde neu lackiert, in Lila. Die ursprünglichen Kotflügelspitzen wurden zurückgebaut und mit einem fast halbrunden Radius versehen.
Dies war sicher auf eine verwehrte TÜV Abnahme zurückzuführen. Auch wurden die Bosch J100 Seitenlampen entfernt.
Ansicht des Wagens in der lilafarbenen (RAL 4012 Perlbrommber) Lackierung. Der Farbton ist ähnlich wie bei der Verpackung der Milka-Schokolade.
Auch wurden Linierungen und eine Krone an den Scheiben angebracht. Vom Nachbesitzer wurde der Steiger in schwarz-rot lackiert.
Der vierte Besitzer - Ulrich Jacoby
Im Sommer 1962 erwarb Ulrich Jacoby aus Leonberg den Steiger. Im Bild rechts ist das Ehepaar Jacoby mit dem Autor, aufgenommen in Burgrieden bei einer Ausstellung 1994.
Jacobys Vater war Kommandant
bei der Ludwigshafener Feuerwehr, hier war ein Steiger sein Dienstfahrzeug. Die
Erinnerungen an seinen Vater und dessen Erzählungen bewogen Ulrich Jacoby den
seltenen Steiger zu erwerben.
Eine Anekdote aus der Zeit des Steigerwagens bei Ulrich Jacoby: Der aus Buchlohe stammende Oldtimersammler Herr Berchtold erfuhr von dem existierenden Steigerwagen in Leonberg. Herr Berchthold hatte damals einen Mercedes 540K Kompressor des NS-Gauleiters Ritter aus München in der Sammlung. Ebenfalls Jugenderinnerungen an den einstigen Steiger der Familie Berchtold bewogen ihn seinen Mercedes 540K zum Tausch gegen den Steiger anzubieten. Wenn ein Steiger in den 1920er Jahren so viel kostete wie ein Haus so kostete der Mercedes 540k so viel wie ein Straßenzug an Häusern. Ulrich Jacoby sah von dem Tauschangebot ab, die „braune“ Vergangenheit des Mercedes war im unsymphatisch.
Der fünfte Besitzer - Hermann E. Sieger
Nach zehn Jahren, im Sommer 1972 verkaufte Ulrich Jacoby
den Steiger an Hermann Sieger aus Lorch. Am 20. Juli 1972 wurde der Steiger mit
dem Kennzeichen GD – HS 30 in Gmünd zugelassen. Hermann Sieger entfernte die
Wechselkarosserie und fuhr den Wagen nur noch offen. Die Wechselkarosserie wurde
gut eingelagert und hatte die weiteren Jahrzehnte gut überstanden.
Aufnahme aus den 1960er Jahren
im Urzustand, vor der Umlackierung.
Der Steiger mit dem offenen Verdeck mit improvisierter Windschutzscheibe.
Das Bild links zeigt den Steiger bei einer Ausfahrt. Auf dem rechten Bild, 1976, stand ein Besuch in Burgrieden an. Rechts am Fahrzeug Bürgermeister Josef Englert.
Für den Steiger wurde ein Verdeckgestänge und Verdeck
angefertigt. Ebenso eine neue Windschutzscheibe. Die Windschutzscheibe wurde in
den Jahren um 1995 erneuert und optimiert. Hermann Sieger pflegte den Steiger
und erhielt seine Patina. Aus Denkmalschutz Sicht, was dies die optimalste Art
den Wagen zu erhalten. Der Steiger wurde jährlich etwa 100 km behutsam
bewegt.
Edi Knoll † und Michael Schick im Steiger. Aufgenommen 1994
Der Schwager von Hermann Sieger, Eduard Knoll, war für den Steiger und auch die anderen Oldtimer verantwortlich. Er kannte sich mit dessen Technik bestens aus und erhielt den Steiger über Jahrzehnte in dem exzelenten Zustand. Edi Knoll hatte mir viel über den Wagen und dessen Technik erzählt. Er hatte immer Zeit für mich und meine unzähligen Fragen. Gerade an meinem Hochzeitstag im November 2002 ist Edi Knoll verstorben. Ich hätte noch viele Fragen an ihn gehabt.
Im Jahr 1994 wurde der Motor mit dem Getriebe bei den
Industriewerken Saar in Freisen bei Saarbrücken überholt. Die Gelegenheit einen
Steigermotor von innen zu sehen war einmalig. Bei einem Termin bei den Industriewerken Saar wurden vom
Auto ca. 200 Fotos der Steigerteile gefertigt. Dieses einmalige Dokument wurde
24 Jahre später wichtiges Hilfsmittel. Bei der Motorenrestaurierung wurde leider ein wichtiger
Ölabstreifring an den Kolben durch einen normalen Kolbenring ersetzt. Auch das
Einpassen der Ventile war nicht
optimal. Diese Fehler führten dazu, dass der Steigermotor etwa 10 Jahre bzw.
1000 km später erheblich Probleme machte. Der Motor lief zwar, rauchte aber
extrem da er Motorenöl in den Brennraum förderte und verbrannte.
Der Steiger stand mit dem Problem etwa 10 Jahre in der
Sammlung von Hermann Sieger und seinem Sohn Günter. Der Liebling in der Sammlung
machte Sorgen und so entschloss sich Günter Sieger sich von dem Steiger nach 46
Jahren zu trennen. Erste Adresse für Ihn war
der Autor des Berichtes.
Weitere Aktualisierungen folgen.